Es gibt vieles, was Menschen auf Reisen begeistert, fasziniert, in den Bann zieht. Für die einen sind es architektonische Meisterwerke. Für andere Musikstile und Kunstwerke, kulinarische Köstlichkeiten oder unterschiede in der Kultur. Dinge, die man vielleicht noch nie gesehen, gehört, geschmeckt oder erlebt hat.
Wir lieben alle diese Dinge, essen für unser Leben gerne in fremden Ländern, aber es gibt doch eines, was uns zu begeistern vermag, wie nichts anderes: die überwältigenden Schauspiele, Wahrzeichen und Phänomene der Natur.
In Sri Lanka machen wir eine Erfahrung, die wir hinterher ohne zu zögern zu den Highlights der Weltreise zählen werden. Auf unserer Elefantensafari sehen wir hunderte von Elefanten in freier Wildbahn, beinahe hautnah. Wir sind im Kaudulla Nationalpark im Norden Sri Lankas.
Aber jetzt spulen wir erstmal eine Weile zurück, um zu verstehen, wie wir hier gelandet sind.
Inhalt
Von Australien zurück nach Bali
Im Laufe der Reise sind wir ja oft mit ganz besonderen Schauspielen der Natur in Berührung gekommen. Wir tobten in den Wellen des indischen und pazifischen Ozeans, standen auf Berggipfeln, die wir unter hohen, körperlichen Anstrengungen erklommen hatten, bestaunten tosende Wasserfälle, beobachteten Krokodile, trafen einen Delfin (und später noch viel mehr, als sie beim surfen zu fünft um uns herumplanschten), sahen unzählige Kängurus und noch viel mehr überwältigend schöne Sonnenauf- und Untergänge.
Nachdem wir die Ostküste Australiens zu einem großen Teil bereist und unser Auto verkauft haben, landen wir wieder „nur“ mit Surfbrettern und Backpacks bepackt in Sydney. Von hier geht unser Flug zurück nach Bali, das Ende unserer Australienreise. Doch Bali ist nur ein Surfurlaub im vertrauten Tropenparadies (hier geht’s zum Video), bevor es zu unserem nächsten, großen Ziel weitergeht: die Träne Indiens, Sri Lanka.
Ceylon, das Paradies – oder nicht?
Wir haben zu viel darüber gehört und noch mehr gelesen, die Erwartungen wurden ins unermessliche gesteigert. Von allen Seiten prasselten Bilder, Schwärmereien und Lobpreisungen auf ‚das neue Bali‘, ‚Kuta wie vor 20 Jahren‘, ‚Surferparadies ohne die Crowds von Bali‘ und ‚Currybuffets und die beste Küche der Welt!‘ auf uns ein. Wir erwarten das Paradies, aber wer mit solch hohen Ansprüchen kommt, muss damit rechnen, schnell zurück auf den Boden der Realität geschleudert zu werden.
Tun wir nicht.
Werden wir natürlich trotzdem.
Wir kommen an, wir reisen weiter, wir suchen, aber finden nicht.
Nicht das Tropenparadies, denn überall sind riesige Hotels direkt an die (zugegebenermaßen wunderschönen) Strände gebaut. Auch nicht das noch eher unerforschte, denn der Massentourismus ist hier sehr präsent. Weniger Langzeitreisende, mehr Urlauber, so scheint es uns.
Auch die Wellen sind recht bevölkert, obwohl die Saison im Süden noch nicht mal angefangen hat. Alle schwärmen von Hikkaduwa, Unawatuna, Midigama und Mirissa und wir fragen uns, was eigentlich falsch mit uns ist.
Auch nicht die Ruhe und wilde Schönheit, denn direkt hinter der ersten Reihe Hotels am Strand schlängelt sich eine viel befahrene Straße die gesamte Südküste der Insel entlang. Wir sind asiatischen Verkehr gewohnt, aber das laute Hupen und die lebensmüden Busfahrer bringen uns immer wieder an die Grenzen unserer Nerven.
Und schon gar nicht das traumhafte Essen, denn Sri Lankas Küche ist wie ein etwas langweiliger Abklatsch von indischem Essen. (Versteht mich nicht falsch, es IST lecker! Nur die Abwechslung fehlt nach ein paar Wochen…) Immer das selbe Reis & Curry, Roti oder Dal, dafür gibt es hier die leckersten Bananen, die wir je gegessen haben. Immerhin.
Krank gestrandet in Mirissa
In Midigama schlagen bei uns beiden irgendwelche bösen Bakterien zu. Adri erleidet eine Infektion am Fuß und ich einen bakteriell entzündeten Mückenstich am Arm, der sich zu einem schmerzenden Abszess bildet. Die Laune sinkt, das Heimweh steigt.
Im Krankenhaus werden wir falsch behandelt, ziehen nach Mirissa, leisten uns für 7 Euro die Behandlung in einem Privatkrankenhaus und heilen langsam. Antibiotikamassen kümmern sich um die Bakterien in unseren Körpern, aber niemand kümmert sich um unser Seelenheil. Wir wohnen direkt an der schönsten Ecke der Südküste, haben der Surfspot vor der Nase, aber dürfen nicht ins Meer. Wir wollten doch einfach nur surfen.
Lange sitze ich da und gucke den Wellen zu. Ein Gewitter zieht auf. Ich sitze und gucke, stundenlang. Es hat etwas beruhigendes. Ich frage mich, was unser Problem ist.
Reisen wir einfach schon zu lange? Können wir nichts mehr wertschätzen? Sind wir einfach innerlich so voll, dass wir uns leer fühlen? Waren unsere Erwartungen einfach zu hoch oder ist Sri Lanka einfach nicht so toll?
Irgendwann gehen auch diese Fragen.
Langsam kehrt Ruhe ein. Das altbekannte Vertrauen darauf, das alles seinen Sinn, seine Lektion und sein Geschenk hat, darf wieder gefühlt werden. Wir reißen uns am Riemen, suchen unsere gute Laune wieder und finden sie schließlich in Kandy. Wir haben uns entschieden, dem Meer und den Palmen den Rücken zu kehren und die letzte Woche im bergigen Inland der Insel zu verbringen.
Kandy gefällt uns ab der ersten Minute und wir sind ganz überrascht. Dieses Gefühl hatten wir in ganz Sri Lanka noch nicht: ankommen und sich einfach wohlfühlen. Wir finden das tollste Homestay aller Zeiten, essen das beste Essen in Sri Lanka (indisch, ha! Nein Scherz, auch Landesküche :D), machen kurze Ausflüge und einfach nichts. Halten Inne und genießen das Wohlfühlgefühl. Doch eine Sache steht noch auf unserer Liste für Sri Lanka. Die ist eigentlich nicht lang. Ganz oben stand surfen. Abgehakt, wenn auch nicht so viel und gut, wie geplant. Und der zweite und letzte Punkt: Elefanten.
Elefanten in Sri Lanka
In Asien verfügt Sri Lanka über die größte Population des asiatischen Elefanten. Große Gebiete des Landes sind Nationalparks, in denen sie noch wild leben. Mit dem Bus fahren wir früh am Morgen drei Stunden in den Norden, bis nach Habarana. Fahrtkosten: 1,50 € pro Person.
Habarana ist der nächste Ausgangspunkt, um in den Kaudulla Nationalpark zu kommen.
Safaris im Internet kosten alle um die 40$ pro Person, das kommt uns zu viel vor. Gebucht haben wir also noch nichts – aber gelesen, dass morgens oder nachmittags die beste Zeit sei, um Tiere zu sichten.
Tja, um elf kommen wir an. Lässt sich nicht ändern, denn wir wollen abends wieder in Kandy sein – die beste, unbewusste Entscheidung, die wir nur treffen konnten!
Wir laufen durch den Ort Habarana, wo wir massenhaft Touristenbüros und Touranbieter erwartet haben – schließlich ist das alles, was es hier gibt. Gibt es aber nicht. Also stehen wir etwas verloren vor einem Laden, als ein junger Mann rauskommt und fragt, ob wir Hilfe brauchen. Brauchen wir – oder genauer gesagt, einen Fahrer mit Jeep. Ha, glücklicher Zufall – wie sollte es anders sein in Asien, sein Cousin hat einen Jeep und holt uns in 5 Minuten ab. Festpreis sind 5000 Rupien pro Person. 25 US-Dollar. Wir zahlen, steigen in den verranzten Wagen mit offenen Seiten und los geht’s!
Auf Elefantensafari im Kaudulla Nationalpark
Auch wenn unser Jeep wohl der rostigste und klapprigste im ganze Land ist, ist unser Fahrer sehr herzlich und kennt den Nationalpark und die Elefantenherden wie seine Westentasche. Klar, was für uns komplettes Neuland und ein riesiges Abenteuer ist, ist sein Büro. Seit zehn Jahren fährt er fast täglich hierher. Die Besonderheit an diesem Nationalpark sind die riesigen Elefantenherden, die sich besonders in der Migrationszeit an den großen Seen versammeln. Wie groß, davon ahnen wir allerdings noch nichts.
Der seichte Regen hat aufgehört und wir falten die Plane zurück – jetzt können wir aufrecht auf der mit Sitzen versehenen Ladefläche des Trucks stehen, unser gesamtes Umfeld frei umblicken und den Fahrtwind in den Haaren spüren. Nach einer gefühlt ewigen Fahrt durch waldiges Gebiet nähern wir uns schließlich der großen, freien Fläche, wo sich der erste See befindet. Und noch bevor ich komplett verstehe, was ich sehe, entfährt mich schon ein aufgeregter Jauchzer und ein elektrischer Impuls von spontanem Glück fährt durch meinen ganzen Körper.
Hunderte von Elefanten stehen am Rande des Sees versammelt. Zum ersten Mal in unserem Leben sehen wir die riesigen, sanften Tiere in ihrer natürlichen Umgebung, inmitten ihrer Familien, wild und überhaupt in solch einer Anzahl. Elefanten, soweit das Auge reicht. Ich glaube, mittlerweile hyperventilieren wir beide schon, unsere Gesichter sind zu einem breitem Grinsen verzogen und die Augen leuchten. So ein wunderschöner, kraftvoller, faszinierender Anblick!
Der Kaudulla Nationalpark: Elefanten ohne Ende
Noch bevor wir diesen Anblick verdaut haben, knackt es neben uns im Gebüsch. Wir fahren herum und obwohl wir nicht gedacht hätten, dass es noch möglich ist, lässt sich unsere Begeisterung nochmal steigern.
Ein riesiger Elefantenbulle marschiert vielleicht zwanzig Meter von uns seelenruhig aus dem Unterholz. Auf einmal sehen wir sie so nah! Wir sind überwältigt von der Ruhe und Kraft, die er gleichzeitig ausstrahlt. Es sieht aus, als würde er sich in Zeitlupe bewegen und trotzdem so stark, also könnte er Berge versetzen.
Und er ist nicht alleine, und diesmal fange ich tatsächlich auch noch an zu quietschen. Hinter ihm stolpert ein Elefantenbaby auf die Wiese, so klein im Vergleich zu ihm, so süß und unbeschwert sieht es aus, dass mir das Herz aufgeht. Adri’s leicht entrücktem Lächeln zu entnehmen, geht es ihm genauso.
Es folgen noch ein paar weitere Elefanten, vermutlich Mutter, Tanten und Cousins, und die ganze Familie scheint uns nicht mal wahrzunehmen. Gemächlich kreuzen sie unseren Weg und setzen ihren Gang in Richtung Wasser fort.
200 Elefanten fast für uns allein
Langsam und gekonnt setzt unser Fahrer den Weg durch den Nationalpark fort. Wir folgen der Uferlinie des Sees, behalten somit immer die großen Herden im Blick, werden aber doch immer wieder von vorbeiziehenden Elefantenfamilien überrascht. Und wir können es nicht fassen: außer uns sind gerade mal drei andere Wägen in Sichtweite unterwegs! Wir fangen an zu zählen aber geben schnell wieder auf – die Elefanten sind zu viele! Bis etwa 180 komme ich einmal, und das sind noch nicht alle…
Als wir eine Weile stehen bleiben, um Fotos zu machen, kommt eine Elefantenfamilie ganz nahe an den Jeep heran. Mit einem Abstand von vielleicht drei Metern bleiben sie stehen – Wahnsinn! Wir können sie atmen hören!
Anhand der Größe der Tiere muss ich aber zugeben, dass das dann tatsächlich schon ein bisschen zuuu nah ist – und unserem Fahrer geht es wohl ähnlich, denn er fährt ein Stück vor. Genau rechtzeitig, denn keine zehn Sekunden späten setzt sich die ganze Familie wieder in gang und marschiert direkt hinter uns seelenruhig über den Pfad. Genau dort, wo wir eben noch standen! Ich komme nicht umhin, mir zu überlegen, ob sie dort auch langgegangen wären, hätten wir noch da gestanden… Sie scheinen uns überhaupt nicht wahrzunehmen.
Unendliche Weite im Kaudulla Nationalpark
Nachdem wir uns an die Gegenwart der Elefanten gewöhnt haben, nehmen wir zum ersten Mal richtig wahr, wie schön die Umgebung eigentlich ist. Der riesige See wird in der Ferne von sanften Bergen begrenzt, hinter uns liegt der Wald. Unzählige dunkle Punkte sind über die Grasfläche verstreut, und wir entdecken immer mehr Tiere: Kühe, die verschiedensten Vögel, Reiher, Kälber… es ist sooo schön. Alle sind frei und wild, leben ihr natürliches Leben hier und wir sind mittendrin. Dürfen zusehen, zuhören, beobachten. Außer dem einschüchternden Tröten der kämpfenden Bullen hier und da ist kaum ein Geräusch zu hören.
Ein dicker Hintern schaukelt gemächlich durch die Gegend.
Ein Elefantenbaby drängelt unaufhaltsam seine Mama an, weil es gekuschelt werden möchte.
Ein anderes Kleines macht nur Faxen.
Ein paar Rinder ziehen durchs Wasser und bewegen sich dabei wie in Zeitlupe.
Wir sind unendlich begeistert und fasziniert und könnten noch ewig bleiben. Aber nach knapp zwei Stunden, in denen wir noch zu einer anderen Trinkstelle gefahren sind, wo wir noch mehr Elefantenfamilien beobachtet haben, ist es Zeit, sich auf den Rückweg zu machen.
Gutes Timing.
Als wir wieder an die Stelle kommen, wo wir aus dem Wald auf die Wiese gefahren sind, trauen wir unseren Augen nicht. Beinahe vom Waldrand bis zum See steht eine Schlange von mindestens 20 Jeeps! Und unzählige kurven schon über die Wiese, uns entgegen.
Als unser Fahrer vorher erzählte, manchmal hätte man hier 100 Elefanten und 200 Jeeps, hielten wir das für einen Witz. Jetzt fangen wir an, dieses schnelle Urteil anzuzweifeln… Und glauben ihm vollständig, als uns während der Fahrt zum Eingang des Nationalparks nochmal 60 Jeeps oder mehr entgegenkommen. Unfassbar.
Wir sind sicher, dass diese Menschen aufgrund der späteren Zeit trotzdem nicht mehr Elefanten sehen, als wir. Aber definitiv mehr Menschen! Wir feiern diesen Zufall und erinnern uns an die Worte unseres Gastgebers in Kandy: geht zwischen 11 und 12 los, dann gibt es kaum Menschen! Wie Recht er doch hatte. Und wir haben’s mal wieder erst richtig geglaubt, als wir es selbst gesehen haben…
Sri Lanka pfui, Elefanten hui?
Wir erreichen unseren Bus nach Kandy und sind um halb sieben wieder in der Stadt. Essen verdammt lecker indisch zu Abend und fallen bald darauf total fertig in die Betten. Aber wir sind überglücklich. Dieser Tag im Kaudulla Nationalpark geht garantiert in die Highlights der gesamten Reise ein.
Sri Lanka hat uns nicht umgehauen, weder von der Schönheit her (es ist wunderschön, aber die Hotels nerven), noch von den Wellen, dem Essen oder den Menschen. Bis wir nach Kandy kamen. Wir hatten bestimmt zu hohe Erwartungen, waren zu verwöhnt, vielleicht nicht an den richtigen Orten und die Verletzungen haben bestimmt auch ihren Anteil beigetragen. Aber es ist schön, dass wir es am Ende doch noch geschafft haben, dieses Land und (zumindest ein paar) seine(r) Leute lieb zu gewinnen!
Wir gehen noch nach Ella, fahren die wohl schönste Zugstrecke Sri Lankas entlang, wandern und erleben noch eine ganz andere, wunderschöne, bergige Seite dieses kleinen Landes.
Und dann…
…nach einem doch recht intensiven Monat auf dem alten Ceylon, ist es Zeit, wieder durch die Glastüren des Flughafens zu verschwinden. Es geht weiter, in ein anderes Land, einen anderen Kontinent und eine andere Welt. Vor uns liegen anstrengende Tage der Weiterreise, aufregende Eindrücke ohne Ende, 30 Stunden ohne Schlaf, eine Zeitreise und das schönste Ankommen der ganzen Reise (na gut, mit Australien).
Doch das ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden.
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